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Härten.

Zur Wärmebehandlung des Stahls könnte man mehrere Seiten Schreiben – aber keine Angst - ich fasse mich kurz und versuche es so einfach wie möglich darzustellen. Der Stahl kam bei mir bereits weichgeglüht an. Das bedeutet, er wurde auf ca. 725°C erhitzt und konnte danach langsam über mehrere Stunden abkühlen. In diesem Zustand lässt sich der Stahl leicht bearbeiten und der Verschleiß von Schleifbändern und Bohrern ist deutlich geringer. Mit anderen Worten, man möchte alle Bearbeitungsstufen des zukünftigen Messers so weit wie möglich in diesem Zustand durchführen. Allerdings wurde durch das Flexen und Schleifen wieder punktuell Hitze in den Stahl eingetragen. Hierdurch können wiederum Spannungen im Material erzeugt werden, die beim Härten zu Verzug führen können.

Ein weiteres Ziel der Wärmebehandlung ist es, eine möglichst feine Körnung im Stahl zu erhalten, die es uns ermöglichst eine sehr feine Schneide am Messer zu erzeugen. Grobkörniger Stahl wäre für unser Küchenmesser Gift. Um also die von uns gewünschten Eigenschaften des Stahls zu erreichen, gilt es der Wärmebehandlung große Aufmerksamkeit zu schenken. Diese setzt sich aus den Stufen Normalisieren, Härten und Anlassen zusammen. Ich verwende hierfür einen alten Heraeus MR 170 Härteofen. Dessen Temperatur messe ich dabei immer mit zwei Thermometern, um wirklich sicher zu gehen, dass eine exakte Temperaturführung des Stahls gewährleistet ist.

 

Normalisieren.

Beim Normalisieren soll im Material eine einheitliche Gefügestruktur mit feinem Korn ausgebildet werden. Es wird zum Beseitigen von ungleichmäßigen und groben Gefügen angewandt. Der Stahl soll dabei möglichst rasch auf Temperatur gebracht werden. Den Ofen also auf ca. 760 bis 780°C vorheizen und dann die Klinge einbringen. Ich erhitze den Rohling drei Mal auf die besagte Temperatur und lasse ihn dann an der Luft abkühlen, bis die Glühfarbe verschwunden ist. Unterhalb von ca. 600°C ist die Abkühlgeschwindigkeit nicht mehr so kritisch.

Im Anschluss wird der Stahl auch noch “scharf” normalisiert. Dazu wird drei Mal nacheinander bei gleicher Temperatur in Öl abgeschreckt.

Bei diesem Rohling zeigte sich nach dem Normalisieren bereits ein deutlicher Verzug, der mich nichts Gutes ahnen ließ. Da ich aber den Rohling noch nicht zu fein ausgeschliffen hatte, waren die Versuche die Klinge mittels eines Hammer zu richten von Erfolg gekrönt. Die Klinge ist dabei nicht gebrochen und es haben sich auch keine Risse gezeigt.

 
 

Härten.

Nichts destotrotz bin ich nicht mit den besten Gefühlen in das Härten eingestiegen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich wieder ein Verzug einstellen könnte, war immerhin nicht ganz gering. Zum Härten wird der Ofen auf über 800°C aufgeheizt. Ich persönlich härte bei den meisten Stählen lieber im oberen Temperaturfenster, dafür aber mit sehr kurzen Haltezeiten. In diesem Fall waren es 840°C bei einer Haltezeit von 3 min.

Direkt neben dem Härteofen habe ich eine Friteuse stehen, in der das glühende Messer abgeschreckt werden kann. Ich verwende ein spezielles industrielles Härtöl, dass mittels der Friteuse auf 80°C erwärmt wird. Dadurch erreiche ich gleichzeitig eine schnelle und schonende Abschreckung des Stahls.

Unmittelbar, nachdem der Rohling im Öl abgekühlt wurde, spanne ich ihn im Schraubstock zwischen zwei massive Aluminiumplatten ein. Zum einen führen diese mögliche Restwärme noch effektiv ab, zum anderen vermindert auch dieser Arbeitsschritt die Gefahr von Verzug. Man könnte auch ohne Öl, direkt zwischen den Aluminiumplatten härten, auf Grund des Tappers der Klinge ist mir hier aber das Risiko zu groß, dass an der Spitze oder der dünneren Schneide die Hitze nicht schnell genug abgeführt wird und keine vollständige Härtung eintritt.

Auf jeden Fall ist alles gut gegangen. Die Klinge ist sehr schön gerade geblieben.

 

Härte prüfen.

Im Anschluss wird dann geschaut, ob das Härten erfolgreich war. Dazu wird mit Hilfe eines Härteprüfgerät ein Diamantkegel mit definierten Druck in den Stahl gepresst. Anhand der Einsinktiefe lässt sich dann die Härte des Stahls in Rockwell (HRC) ablesen. Im vorliegenden Fall kam die Klinge auf 64 HRC, was einen überraschend guten Wert für einen Damaststahl darstellt. Diese Härte reicht auch locker aus, um Glas damit zu ritzen.

 
 

Anlassen.

Allerdings ist das Messer mit dieser Härte für die Praxis nicht nutzbar. Der Stahl ist zwar sehr hart, aber gleichzeitig sehr spröde. Schon kleinste Belastungen könnten in diesem Zustand dazu führen, dass die Klinge zerspringt wie Glas. Daher wird unmittelbar nach dem Härten (max. 1 - 2 Stunden danach) das Messer noch angelassen. Hierbei wird das Messer mehrmals für eine eine gewisse Zeit auf eine Temperatur von 160 bis 220°C erhitzt und wieder abgekühlt. Je höher die Temperatur dabei ist, um so “weicher” aber auch elastischer wird die Klinge wieder.

Für ein Küchenmesser möchte ich eine immer noch recht hohe Härte erzielen. Daher habe ich mich für eine Anlasstemperatur von 180°C entschieden. Die Klinge wurde 3 mal für eine Zeit von 25 min. auf diese Temperatur erhitzt.

Im Anschluss wurde wieder überprüft, welche endgültige Härte der Klinge erzielt wurde. Wie man sieht, haben wir beim Anlassen ca. 3 HRC verloren, so dass das Messer am Ende auf ca. 60 bis 61 HRC kommt. Das ist ein Wert mit dem ich mehr als zufrieden bin. Der Nazarov Damast hat diesbezüglich schon mal eine klare Empfehlung verdient.

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